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High Voltage!

Mayte Schomburg baut die Europa-Partei Volt mit auf.

DATUM Ausgabe Oktober 2018

Es ist spät geworden. Die abendlichen Telefonsitzungen mit Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa kosten Energie. Doch die Richtung und das Ziel sind den Aufwand wert. Vor dem Treffen bei der Generalversammlung in Amsterdam im Oktober 2018 müssen letzte Änderungen im Teilprogramm ›Citizen Empowerment‹ von Volt Europa abgestimmt sein: im Team Deutschland und im Team Europa.

Seit einigen Monaten baut Mayte Schomburg den ›Citizen Empowerment‹-­Bereich für Volt auf, seit vielen Jahren hingegen träumt sie davon, ›dass wir in Europa endlich das tun, was uns die Präambel des EU-Vertrags verspricht – Politik zusammen zu machen.‹ Volt ist eine neue politische Gruppierung, die bei den Europawahlen 2019 in einigen EU-Mitgliedsstaaten antritt – mit einem transnationalen Programm, das die EU handlungsfähig und zukunftsfit machen soll. Volt lässt im Crowd-Sourcing-­Verfahren europäische Statuten verfassen, die dann von den nationalen Ablegern an­genommen werden müssen – und eben nicht umgekehrt. Gegründet haben Volt der Italiener Andrea Venzon, die Französin Colombe Cahen-Salvador und der Deutsche Damian Boeselager im März 2017 als direkte Antwort auf den Brexit. Themen sind unter anderem eine gemeinsame Flüchtlings­politik und digitale Verwaltung. Derzeit ist Volt in sieben EU-Mitgliedsländern als Partei registriert und bereits in allen EU-Mitgliedsländern als Bewegung aktiv. Mit der Zahl der Mitglieder und Unterstützer steigt auch das Durchschnittsalter bei Volt derzeit monatlich an: ›Im Januar war es bei Mitte 20, im September schon bei 37 Jahren‹, erzählt Schomburg.

Schomburg, 36, wuchs in Spanien, Deutschland, den USA und der Schweiz auf. ›Deutsch habe ich mich erst mit elf Jahren gefühlt, als wir in die USA zogen und ich mit Vorurteilen gegenüber Deutschen konfrontiert wurde.‹ In den Jahren darauf konzentrierte sich Schomburg zunehmend auf die Frage nach einer zeitgemäßen Erzählung von ›Einheit in Vielfalt‹ (dem Motto der EU). ›Mich interessiert das Verhältnis von nationaler Identität zum politischen Konstrukt EU‹, sagt sie. 2010 erlangte sie ihren Doktor­titel mit der Arbeit ›Kultur, nationale Identität und das künstliche Demokratiedefizit der EU‹, 2011 gründete sie die Politikplattform Publixphere. In den vergangenen Jahren vertieft sie diese Fragen immer wieder bei Gastaufenthalten an der Universität Harvard. Viele Vertreter öffentlicher Institutionen und Politiker in der EU glaubten, ›dass mehr Nationalismus oder National­stolz den Bürgern automatisch mehr Sicherheit verschafft. Sie haben das Zu­kunfts­potenzial der EU nicht verstanden‹. Laut Schomburgs Forschungsergebnissen jedoch könnten Bürger die europäische ­Integration dann unterstützen, wenn sie möglichst europäische Debatten führen und europäische Medien konsumieren könnten. Schomburgs Fazit: ›Wir brauchen eine europäische Demokratie, die nationale, regionale und lokale Demokratie ergänzt, nicht ersetzt. Diese ist in den EU-Verträgen bereits angelegt, sie muss allerdings auch gelebt werden. Dafür brauchen wir das Vertrauen unserer nationalen und lokalen Politiker ebenso wie europäische Parteien und längst überfällige, einfache Neuerungen wie ein europäisches Vereinsstatut.‹